Saworoide | Brass Bells
NGR 1999, R: Tunde
Kelani, 105‘ | DVCAM, OmeU
Nach Jahren der Unfreiheit führte die Angelobung einer demokratisch legitimierten
Regierung unter Olusegun Obasanjo (1999-2007) zu einer gesellschaftlichen
Öffnung Nigerias, die auch an der heimischen Videofilmindustrie
nicht spurlos vorüberging. Die politischen Optionen nigerianischer Filmemacher
sind nun nicht mehr auf jene buchstäbliche Dämonisierung des
Kapitalismus beschränkt, die Nollywoods Bekanntheit im Ausland begründet.
Eine Handvoll engagierter Autoren, allen voran der Yoruba-Filmemacher
Tunde Kelani, erschließt der gesellschaftlichen Kritik seither neue Wege.
Kelanis politische Parabel Saworoide beginnt als ländliches Königsdrama,
zieht in der Folge aber immer weitere Teile einer Dorfgemeinschaft in seine
Fabel hinein. Ohne deren Umkreis je zu verlassen, lässt der Film Machtverhältnisse
und Kapitalinteressen durchsichtig werden, die das postkoloniale
Nigeria in seiner – ethnischen, religiösen und politischen – Gesamtheit
durchziehen. Kelanis Meisterschaft besteht vor allem darin, die gewachsenen
Strukturen der Yoruba nicht von einem äußerlichen Standpunkt zu kritisieren,
sondern gleichsam »von innen« über sich selbst hinauszutreiben: Im voraufgeklärten
Glauben an übersinnliche Kräfte setzt Saworoide ein aufklärerisches
Potenzial frei, im Wunschbild des verantwortungsvollen Monarchen
eine Ahnung von Demokratie.
Mi 16.6. 20h
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